Pressemitteilung des ADB Sachsen e.V.
Leipzig, 01.03.2021
Anlässlich des weltweiten Zero Discrimination Day veröffentlicht das Antidiskriminierungsbüro Sachsen (ADB Sachsen) seine Fallzahlen für das 2. Halbjahr 2020. Das ADB Sachsen verzeichnet einen eklatanten Anstieg seiner Beratungsfälle. Im Zeitraum Juli 2020 bis Dezember 2020 wurden dem Antidiskriminierungsbüro Sachsen 238 Diskriminierungsfälle aus Sachsen gemeldet. Im Vergleich zum Erfassungszeitraum Januar bis Juni 2020 (157 Beratungsfälle) ist das einen Anstieg um über 50 Prozent.
Rassistische Diskriminierungen bildeten mit 42 Prozent die häufigste Diskriminierungsform, gefolgt von Diskriminierung aufgrund einer Behinderung mit 38 Prozent sowie Benachteiligung aufgrund des Geschlechts mit 7 Prozent. Der Schwerpunkt der betroffenen Lebensbereiche, in denen Menschen Diskriminierung erlebt haben, lag im Bereich Arbeit mit 18 Prozent, gefolgt von den Bereichen Wohnungsmarkt und Bildung mit jeweils 13 Prozent. Eine detaillierte Aufschlüsselung der Fallzahlen können den Grafiken in der Anlage entnommen werden.
Der starke Anstieg der Fallzahlen vom 1. auf das 2. Halbjahr 2020 kann auf unterschiedliche Gründe zurückgeführt werden. Zum einen sind gesellschaftlichen Ereignisse und Entwicklungen zu nennen, wie der Anschlag in Halle im Oktober 2019, der Anschlag in Hanau im Februar 2020 und die Black Lives Matter-Bewegung, die zu einer erhöhten Aufmerksamkeit auf das Thema Rassismus führten. In der öffentlichen Wahrnehmung gab es eine erhöhte Sensibilität für das Thema Diskriminierung und für das Thema Rassismus im Konkreten. Ein weiterer Effekt der Black Lives Matter-Bewegung spiegelte sich u. a. in der Haltung der von Rassismus Betroffenen wider.
Dazu Sotiria Midelia, Geschäftsführung ADB Sachsen: „Betroffene von rassistischer Diskriminierung fühlen sich bestärkt, gegen die erlebte Diskriminierung vorzugehen und fordern verstärkt ihr Recht auf Gleichbehandlung ein. Diese Dynamik hat ebenso einen Effekt auf unsere Fallzahlen.“
Zum anderen führte die „Corona-Krise“ – die Ausbreitung des Virus sowie die durch die Politik ergriffenen Maßnahmen – zu einem Anstieg der Diskriminierung, z. B. der Diskriminierung aufgrund des Lebensalters oder einer chronischen Erkrankung, wie auch rassistischer Diskriminierung von asiatischen Deutschen bzw. Menschen, die asiatisch gelesen werden. Ebenso verschärft die „Corona-Krise“ die Situation von strukturell benachteiligten Personen.
Nicht zuletzt ist die weiterentwickelte Beratungsinfrastruktur des ADB Sachsen zu nennen, die mit einer dritten Beratungsstelle in Dresden (seit Januar 2020) ausgebaut wurde. Zudem hat die Digitalisierung des Beratungsangebotes im Zuge der Pandemie (E-Mail-, Video- und Telefonberatung) einen noch niedrigschwelligeren Zugang für Betroffene ermöglicht und auch insgesamt ist der Bekanntheitsgrad des Beratungsangebots des ADB Sachsen gestiegen.
Abschließend dazu Sotiria Midelia: „Unsere Beratungsinfrastruktur ist gut aufgestellt, aber wir arbeiten seit Ende letzten Jahres an unseren Kapazitätsgrenzen. Das massive Fallaufkommen stellt uns vor neue Herausforderungen. Wenn die Entwicklung weiterhin so bleibt, das bestätigen uns die aktuellen Fallzahlen aus dem Januar/ Februar 2021, müssen die Beratungsstellen um ein*e Berater*in pro Standort aufgestockt werden, damit wir den Betroffenen, die sich an uns wenden, eine zeitnahe Beratung und Unterstützung anbieten können, ohne wochenlange Wartezeiten.“
Hintergrund:
Das Antidiskriminierungsbüro Sachsen ist zentrale Anlaufstelle für Betroffene von Diskriminierung in Sachsen und die einzige unabhängig arbeitende Stelle für alle Diskriminierungsmerkmale nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sowie für Mehrfachdiskriminierung in Sachsen.
Die Antidiskriminierungsberatung ist ein Unterstützungsangebot für Betroffene von Diskriminierung bei konkreten Benachteiligungen wegen rassistischen oder ethnischen Zuschreibungen, des Geschlechts, der sexuellen Identität, des Lebensalters, der Religion oder Weltanschauung sowie der Behinderung oder chronischer Krankheit. Die Beratung unterstützt Betroffene auf psychosozialer und rechtlicher Ebene sowohl im außergerichtlichen als auch gerichtlichen Bereich als Beistandschaft vor Gericht.
Die Beratungsstellen befinden sich in Chemnitz, Leipzig und Dresden. Das Beratungsangebot ist kostenfrei.
Die Antidiskriminierungsberatung ist sowohl unter der sachsenweiten Telefonnummer 0341-306 907 77 von Montag bis Freitag zwischen 9 – 13 Uhr und 14 – 16 Uhr als auch per E-Mail unter beratung@adb-sachsen.de erreichbar.
Pressekontakt:
Sotiria Midelia
Email: Sotiria.midelia@adb-sachsen.de
Im Auftrag von: