1. Mar 2025 • Pressemitteilung 

Fallzahlen gegenüber Vorjahr stark gestiegen | Landesregierung muss die in den letzten Jahren im Bereich Antidiskriminierung gelegten Grundlagen konsequent umsetzen (PM ADB Sachsen)

Illustration eines Tortendiagramms

Pressemitteilung des Antidiskriminierungsbüros Sachsen vom 01. März 2024

Leipzig, 01.03.2025

Anlässlich des weltweiten Zero Discrimination Day am 1. März veröffentlicht das Antidiskriminierungsbüro Sachsen e.V. die Fallzahlen aus der Beratungsarbeit in Sachsen für das Jahr 2024. Im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2024 hat das Antidiskriminierungsbüro Sachsen 581 Diskriminierungsfälle in Sachsen bearbeitet. In 2023 waren es insgesamt 524 bearbeitete Diskriminierungsfälle. Die Fallzahlen sind damit um 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen.

Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass der monatliche Durchschnittswert bei den laufenden Fällen – das sind Fälle, die durch das ADB Sachsen über einen längeren Zeitraum von mehreren Monaten begleitet werden – gegenüber dem Vorjahr von 105 auf 121 Fälle (und damit um ca. 15 Prozent) gestiegen ist.

Zum Anstieg der Gesamtfallzahlen sagt Jan Diebold, Fachleitung der Antidiskriminierungsberatung im ADB Sachsen: „Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind, geraten zunehmend in den Fokus populistischer Meinungsmache und Hetze – in Sachsen noch einmal verstärkt seit den Landtagswahlen letztes Jahr. Gleichzeitig sind – zivilgesellschaftliche Organisationen, die Unterstützungsangebote vorhalten, in Sachsen sowie bundesweit, zunehmend unter Druck. Sie sind häufig als Projekte gefördert – und damit ‚freiwillige Ausgaben‘ eines Landes. In den vergangenen Jahren herrschte in vielen Förderstrukturen – ob im Land oder auf Bundesebene – große Unruhe. Dass der Dachverband Sächsischer Migrantenorganisationen Insolvenz anmelden musste, ist hierunter ein besonders drastisches Beispiel mit kaum messbaren, negativen Folgen für die Mitgliedsorganisationen und Betroffene. Wenn Versorgungsstrukturen in die Krise geraten, schlägt sich das dann auch bei uns in den Zahlen nieder. Das zunehmend verrohende Klima trägt seinen Teil dazu bei, dass uns immer drastischere Fälle erreichen, bei denen wir kaum schnelle Lösungen vermitteln können, sodass wir sie dann langwierig begleiten. Das erklärt den Anstieg der laufenden Fälle bei uns.“

Hinsichtlich der Diskriminierungskategorien führen, wie in den Vorjahren, rassistische Diskriminierung (ca. 46 Prozent) sowie Diskriminierung anhand einer Behinderung oder chronischen Erkrankung (ca. 24 Prozent) die Statistik an. An dritter Stelle stehen die Fälle geschlechtsbezogener Diskriminierung (ca. 8 Prozent).

Mit Blick auf die Lebensbereiche wurde unser Beratungsangebot am häufigsten wegen Diskriminierung im Bereich Arbeit in Anspruch genommen (ca. 26 Prozent), gefolgt von den Bereichen Behörden (ca. 15 Prozent) und Bildung (ca. 13 Prozent). Auch hier setzt sich der Trend aus den Vorjahren fort.

„Wir verfolgen seit einigen Jahren einen Anstieg von Diskriminierungsfällen im Bereich Ämter und Behörden sowie Bildung“, berichtet Katharina Scholz, Projektleitung der Antidiskriminierungsberatung im ADB Sachsen. „Anders als im Bereich Arbeit haben wir hier keine rechtliche Handhabe durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Im Bereich behördliches Handeln sowie staatliche Schulen besteht im Freistaat eine Schutzlücke, die wir seit Jahren beklagen. Ein bereits im Frühjahr 2024 durch das Justiz- und Gleichstellungsministerium herausgegebenes, interdisziplinäres Gutachten[1] sieht einen klaren Ausweg in der Schaffung eines Landesantidiskriminierungsgesetzes nach Berliner Vorbild unter Einrichtung einer Ombudsstelle zu Diskriminierung. Dieses Vorhaben wurde auch bereits im Rahmen der Novellierung der Landesstrategie Antidiskriminierung diskutiert. Wir drängen die Landesregierung darauf, die Strategien und argumentativen Grundlagen, die in den letzten Jahren gelegt wurden, umzusetzen und zu nutzen – für ein gleichberechtigtes Leben in Sachsen für alle.“ 

Eine detaillierte Aufschlüsselung der Fallzahlen kann den Grafiken in der Anlage entnommen werden.

Pressekontakt:

Janek Lassau, janek.lassau@adb-sachsen.de

www.adb-sachsen.de

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[1] Interdisziplinäres Gutachten: Verbesserung des Diskriminierungsschutzes entlang der Merkmale des AGG in Hinblick auf landesgesetzliche Zuständigkeiten in Sachsen, hg. v. Sächsischen Ministerium der Justiz (vormals Sächsisches Ministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung), April 2024: https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/44424