Homosexualität im Asylverfahren - Working Paper der Humboldt Law Clinic Grund- und Menschenrechte
Die Humboldt Law Clinic Grund- und Menschenrechte hat ein Working Paper zu der Frage herausgegeben, wie sich heteronormative Stereotype in Asylverfahren auf queere geflüchtete Menschen auswirken. Anlässlich des Launches der Veröffentlichung schreibt die Humboldt Law Clinic: "Menschen mit queeren Lebensweisen sind weltweit von Diskriminierungen betroffen. In einigen Ländern nimmt diese Diskriminierung die Qualität von Verfolgung an und veranlasst queere Menschen, ihre Herkunftsländer zu verlassen. Diese Personen haben völkerrechtlich und europarechtlich einen Anspruch auf Flüchtlingsschutz in Deutschland. Dieser Anspruch wird in Deutschland vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) insbesondere anhand der Schilderungen der Schutzsuchenden im Rahmen der Anhörung geprüft. Da sich die sexuelle Orientierung einer Person nicht beweisen lässt, rücken für das BAMF in der Anhörung Fragen in den Mittelpunkt, von denen es sich erhofft, die Glaubhaftigkeit der Angaben der Antragssteller*innen zu ihrer sexuellen Orientierung prüfen zu können. Fragen nach der (homo)sexuellen Orientierung betreffen einen höchst sensiblen und persönlichen Bereich, der in einer heteronormativen Gesellschaft zudem durchdrungen ist von wirkmächtigen Hierarchisierungen und Stereotypen. Fragen nach der sexuellen Orientierung und die Bewertung der Glaubhaftigkeit der entsprechenden Angaben bergen in besonderem Maße die Gefahr, bestehende Stereotype und hegemoniales Wissen über Homosexualität zu reproduzieren." Das Working Paper untersucht, in welcher Weise das BAMF Antragsteller_innen in Bezug auf ihre sexuelle Orientierung befragt. Dafür wurden 12 Anhörungsprotokollen analysiert und die Ergebnisse einer rechtlichen Bewertung unterzogen.
Dazu die Humboldt Law Clinic:
"Die Analyse der Anhörungsfragen hat gezeigt, dass eine Vielzahl der Fragen von stereotypen Vorstellungen in Bezug auf Homosexualität geprägt ist. Sie enthalten spezifische Erwartungen an den Lebensstil, das Verhalten, das Coming-Out und das Sexualleben von homosexuellen geflüchteten Menschen. Personen, die diesen Stereotypen nicht entsprechen können oder wollen, haben ein höheres Risiko kein Asyl zu erhalten. In diesen Anhörungsfragen wird Homosexualität essentialisiert. Sie beruhen auf der Idee eines homogenen Kollektivs homosexueller Menschen. Wiederholt enthalten die Fragen aber auch eine Negierung und Abwertung von nicht-westlichen queeren Lebensweisen. Hier zeigt sich eine eurozentristische und rassistische Dimension in den Anhörungsfragen."
Das Paper stellt auch eine klare Forderung an das BAMF: "Anhörungen, die heteronormative und rassistische Stereotype reproduzieren und weiterhin verlangen, dass queere Asylsuchende ihre sexuelle Orientierung im Herkunftsland verbergen, verstoßen gegen Europa- und Menschenrechte. Dieses Working Paper soll deshalb auch als Forderung an das BAMF verstanden werden, die bestehende Praxis entsprechend der europa- und menschenrechtlichen Anforderungen anzupassen." Quelle: Humboldt Law Clinic Grund- und Menschenrechte
Working Paper der Humboldt Law Clinic Grund- und Menschenrechte in Kooperation mit der Queer Refugee Law Clinic Berlin
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