15. Mai 2019 • Allgemein 

Gesetzesentwurf zum neuen "Transsexuellen-Gesetz" ebnet den Weg für weitere Diskriminierung von trans* Personen in Deutschland

Transgender-Pride-Flagge

Entwurf bleibt nicht nur hinter den Erwartungen der Community zurück - er zieht auch neue Hürden ein

Am Mittwoch, den 08.05.2019, hat das Bundesinnen- gemeinsam mit dem Bundesjustizministerium überraschend einen Reformentwurf für das sog. "Transsexuellen-Gesetz" (TSG) vorgelegt. Dieses Gesetz regelt seit fast 40 Jahren die Bedingungen, denen sich trans* Menschen in Deutschland unterziehen müssen, wenn sie ihren Vornamen oder ihren Personenstand ändern möchten. Seit vielen Jahren kritisieren Vereine, Verbände und Aktivist_innen die Reformbedürftigkeit des Gesetzes. Einige Regelungen (z.B. der Zwang, sich sterilisieren und scheiden lassen zu müssen) wurden bereits als verfassungswidrig eingestuft und gekippt. Doch auch das mit dem TSG verknüpfte Verfahren stand wiederholt in der Kritik: So müssen trans* Personen zwei Gutachten von Mediziner_innen oder Psychiater_innen einholen - ein Verfahren, in dem es eher die Ausnahme ist, wenn es nicht zu Pathologisierung und Stigmatisierung kommt. Das wenigste medizinische Personal ist zu dem Thema sensibilisiert, sodass teils krude Geschlechterrollenbilder als Erwartungsschablone an die zu "begutachtenden" trans* Menschen angelegt werden. Zudem ist das nötige Gerichtsverfahren für die Betroffenen teuer. Zum Vergleich: In europäischen Staaten wie Irland, Dänemark oder Malta sind die Wege relativ unbürokratisch und kommen ohne Gutachten aus.

Der nun - für alle überraschend - vorgelegte Entwurf der beiden Ministerien bleibt nicht nur hinter den Erwartungen zurück, er zieht noch weitere, stigmatisierende Hürden ein.

Neuer Entwurf mit neuen Schikanen - Vereine und Verbände haben nur 2 Tage Zeit für eine Stellungnahme

Vereinen und Verbänden wurde für eine Stellungnahme nur 2 Tage (!) Zeit eingeräumt.
Der neue Entwurf sieht u.a. vor:

  • Die Praxis, dass trans* Menschen sich durch Mediziner_innen begutachten lassen müssen, bleibt bestehen. Im Entwurf ist es nun jedoch mit "Beratung" umschrieben. 
  • Auch das Gerichtsverfahren soll bestehen bleiben - und damit die Möglichkeit, dass es vom Ermessen des/der Richter_in abhängt, eine Ablehnung auszusprechen.
  • Neu und empörend ist, dass Ehepartner_innen vom Gericht befragt werden sollen. Damit wird ein Abhängigkeitsverhältnis geschaffen, das in keinem Verhältnis zu einem potentiellen Erkenntnisgewinn steht.
  • Neu ist ebenfalls, dass, wenn ein Antrag abgelehnt wird, eine dreijährige Sperrfrist besteht, innerhalb derer die betroffene Person keinen neuen Antrag stellen kann.

In einer Petition fordern Aktivist_innen daher: "Verlängern Sie die Frist! Treten Sie in einen offenen Austausch mit uns Betroffenen und mit Verbänden! Setzen Sie sich endlich mit uns an einen runden Tisch! Gestalten Sie endlich einen Gesetzesentwurf, der frei von Diskriminierung und Begutachtung ist!"

Was kann ich tun?

  • Unterschreibt die Petition auf change.org.
  • Sprecht euch bekannte Journalist_innen, Blogger_innen und Bundestagsabgeordnete auf das Thema an.
  • Veröffentlicht selbst Beiträge auf euer Webseite und Social Media.
  • Geht zu den Protesten rund um den IDAHIT* in euren Städten und Landkreisen (Infos z.B. beim LSVD Sachsen).
  • Denkt in euren politischen Kämpfen trans*-Perspektiven mit.