Über nadis
Wir sind ein Netzwerk sächsischer Vereine und Initiativen. Unser Ziel: die Themen Diskriminierung, Teilhabe und Teilgabe in alle relevanten gesellschaftlichen Bereiche zu tragen und die Entwicklung einer Antidiskriminierungskultur in Sachsen zu fördern.
Was ist das Netzwerk und welche Ziele hat es?
Die Mitgliedsorganisationen des NADIS arbeiten in unterschiedlichen Arbeitsfeldern schwerpunktmäßig zu den Themen Behinderung, Geschlecht, sexuelle und geschlechtliche Identität und ihre Verschränkungen, Rassismus, Antisemitismus, Migration, sowie Rechtsextremismusprävention und Demokratiestärkung.
Die Mitgliedsorganisationen betrachten Diskriminierung als eine problematische gesellschaftliche Realität und haben beschlossen, im Rahmen eines merkmalsübergreifenden, horizontalen Netzwerkes zusammenzuarbeiten. Ihr gemeinsames Ziel ist die Etablierung einer gelebten Antidiskriminierungskultur in Sachsen.
Unter Antidiskriminierungskultur versteht das Netzwerk eine im Alltag und in allen relevanten Lebensbereichen wirksame Sensibilität für Diskriminierung und einen effektiven Benachteiligungsschutz für Betroffene. Dazu gehört auch, dass in konkreten Diskriminierungsfällen einzelne Menschen, wie auch Institutionen zu konstruktiver Auseinandersetzung und nachhaltigen Veränderungen bereit sind.
Das Netzwerk arbeitet unabhängig und aus der Perspektive von Diskriminierungsbetroffenen. Die Netzwerkmitglieder sind zivilgesellschaftliche Organisationen.
Die Beratungsansätze und -angebote unserer Mitglieder sind unterschiedlich, haben aber alle Schnittmengen mit dem Thema Antidiskriminierung, denn Diskriminierung tritt als relevantes Thema bei allen Netzwerkpartner*innen in der Arbeitspraxis auf.
Es ist das Ziel des Netzwerkes sich dafür einzusetzen, dass Klient*innen in ihrer Vielfalt geeignete Unterstützungsangebote finden. Dafür gilt es vorhandene Lücken bzw. Leerstellen in den Mitgliedsorganisationen selber, aber auch in der allgemeinen Beratungslandschaft zu identifizieren und zu beseitigen.
Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu der Etablierung einer Antidiskriminierungskultur ist der Aufbau eines wohnortnahen, niedrigschwelligen Unterstützungsangebotes für Betroffene von Diskriminierung.
Wertschätzung von Vielfalt und die Repräsentation verschiedener Lebensrealitäten innerhalb jeder Mitgliedsorganisation hat für die Netzwerkmitglieder eine hohe Bedeutung bei der Gestaltung der eigenen Strukturen.
Über die Beratungsarbeit hinaus sind die Mitgliedsorganisationen mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung in verschiedenen Arbeitsfeldern tätig, z. B. Antidiskriminierungsberatung nach den Standards des Antidiskriminierungsverbands Deutschland (advd), Bildungs- und Sensibilisierungsarbeit, Monitoring, Gemeinwesenarbeit und politische Lobbyarbeit.
Was macht das Netzwerk?
Das Netzwerk ...
- ist ein Ort für den inhaltlichen Austausch.
- unterstützt alle Netzwerkmitglieder bei ihrer jeweiligen Arbeit mit AD-Bezug.
- erarbeitet gemeinsame Konzepte mit AD-Bezug für Sachsen.
- setzt sich dafür ein, Diskriminierung und Teilhabe und Teilgabe in allen relevanten gesellschaftlichen Bereichen zu thematisieren.
- ist Ansprechpartner*in für Politik, öffentliche Verwaltung, Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft.
- leistet selbst keine Beratung für Betroffene, sondern verweist dafür auf die Mitgliedsorganisationen.
- arbeitet am Aufbau von sachsenweiten Beratungsangeboten für Betroffene, die wohnortnah, niedrigschwellig und auf Antidiskriminierungsberatung fokussiert sind.
Die Mitglieder des Netzwerkes teilen folgende Begriffsbestimmung zu Diskriminierung:
Diskriminierung heißt, dass Menschen aufgrund einer, oftmals aber auch durch das Zusammenspiel mehrerer Gruppenzugehörigkeit(en) oder -zuschreibung(en) benachteiligt, ausgeschlossen oder/und in ihrer Würde verletzt werden.
Gesellschaftlich relevante und diskriminierungssensible Zugehörigkeiten und Zuschreibungen betreffen unter anderem:
- die ethnische Herkunft, Staatsangehörigkeit, Hautfarbe, Sprache
- die sexuelle und geschlechtliche Identität
- das Geschlecht
- das Lebensalter
- Behinderungen/ chronische Erkrankungen und/ oder gesundheitliche Beeinträchtigungen
- die Religion/ Weltanschauung
- den sozialen Status und die sozial-familiäre Lage eines Menschen.
Diese Aufzählung ist nicht abgeschlossen und geht über das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) hinaus. Allen hier gemeinten Zugehörigkeiten/ Zuschreibungen ist gemeinsam, dass sie mit historisch gewachsenen Machtverhältnissen (Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Heteronormativität etc.) verknüpft sind und an zentralen, schwer oder gar nicht veränderbaren Aspekten der Persönlichkeit ansetzen.
Diskriminierung bedeutet den Ausschluss von materiellen Ressourcen, politischer und gesellschaftlicher Teilhabe, aber auch die Verweigerung von Akzeptanz und Anerkennung. Diskriminierung kann dabei ganz unterschiedliche Formen annehmen. Sie zeigt sich bereits durch das Nicht-Mitgedachtwerden oder eine Kontaktvermeidung, durch die Benachteiligung beim Zugang zu Gütern und Positionen, durch gesetzliche Ausgrenzung, durch Stigmatisierungen und Beleidigungen, bis hin zu psychischer und körperlicher Gewalt.
Diskriminierung geht nicht nur durch das Handeln bzw. das Nicht-Handeln von einzelnen Personen aus. Auch Organisationen können unmittelbar diskriminieren (institutionelle Diskriminierung), so wie auch gesellschaftliche Strukturen indirekt diskriminierend wirken können (strukturelle Diskriminierung). Diskriminierung kann sich zudem sprachlich durch Begrifflichkeiten, Bezeichnungen oder Formen der öffentlichen Repräsentation bzw. Nicht-Repräsentation vollziehen (diskursive Diskriminierung).
Diskriminierung findet in den unterschiedlichsten Lebensbereichen statt: Etwa im Alltag, im Bildungsbereich, auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt, im Gesundheits- und Versicherungswesen, in der politischen Partizipation und in den Medien.
Diskriminierung wird von der Wirkung auf die Betroffenen (Benachteiligung, Ausschluss) her gedacht und setzt auf Seiten der verantwortlichen Personen und/ oder Institutionen keine Absicht voraus. Gerade mittelbare Formen von Diskriminierungen sind oftmals nicht beabsichtigt. Entscheidend ist jedoch der nachteilige Effekt, der bei den Betroffenen entsteht.
Diskriminierungserfahrungen sind einschneidend und schmerzhaft. Sie greifen in die Teilhabe- und Handlungsmöglichkeiten von betroffenen Menschen ein und beeinflussen ihr Selbstbild. Gleichzeitig lassen sich Menschen nicht (ausschließlich) über diese Erfahrungen definieren. Sie leisten auf vielfältige Arten Widerstand, finden für sich Umgangsmöglichkeiten und Wege und sind sehr viel mehr als die sie herabwürdigenden und einengenden Zuschreibungen oder Betroffene von Diskriminierung. Zudem können konkrete Zugehörigkeiten nicht nur der Grund für eine Diskriminierung sein, sie sind oftmals auch eine persönliche und kollektive Ressource. Letztlich bilden sie die Grundlage für die Vielfalt unserer Gesellschaft.
Die Thematisierung von Diskriminierung ist Teil einer notwendigen individuellen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung und eines gemeinschaftlichen Lernprozesses. Es geht um die Verantwortungsübernahme für entstehende Ausgrenzungen, Ungleichbehandlungen, Benachteiligungen, das verursachte Leid und eine konstruktive Veränderung in Richtung Gleichbehandlung und Teilhabe.
Welche Werte und Prinzipien leiten unser Handeln?
Antidiskriminierungsarbeit kann in Bezug gesetzt werden zu anderen Ansätzen und Konzepten der politischen und psychosozialen Arbeit. Für die Mitglieder des Netzwerkes sind in der bisherigen Arbeit unter anderem Inklusion, Intersektionalität und Empowerment wichtig.
Das Verhältnis zwischen diesen Ansätzen und Antidiskriminierungsarbeit bestimmt das Netzwerk wie folgt:
Inklusion
Inklusion ist die Vision einer diskriminierungsfreien Gesellschaft.
Inklusion wird von den Netzwerkmitgliedern, über den Merkmalsbereich Behinderung hinaus, mehrdimensional und intersektionell verstanden.
Antidiskriminierungsarbeit ist ein Instrument, um eine inklusive Gesellschaft zu befördern. Eine gelebte Antidiskriminierungskultur ist Bestandteil einer inklusiven Gesellschaft.
Intersektionalität
Intersektionalität beschreibt das Ineinanderwirken verschiedener Machtverhältnisse und Ungleichheitsdimensionen, etwa das Zusammenwirken von geschlechtsspezifischer und rassistischer Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt. Eine intersektionale Perspektive ermöglicht Diskriminierungen wahrzunehmen, die mit dem Blick auf einzelne gesellschaftlich wirkmächtige Kategorien wie z.B. Behinderung, Geschlecht oder Herkunft unsichtbar bleiben.
Empowerment
Antidiskriminierungsberatung und Empowerment ergänzen sich wechselseitig. Empowerment ist ein wichtiger Aspekt der Beratungsarbeit in dem Sinne, dass Menschen durch die Beratung darin gestärkt werden, ihre Handlungsmöglichkeiten zu erweitern und zu nutzen und ihre Rechte aktiv einzufordern. Die Auseinandersetzung mit einer konkreten Situation kann im Rahmen eines individuellen und/ oder kollektiven Empowermentprozesses ein wichtiger Schritt sein.
Empowerment in diesem prozesshaften Sinne bedeutet auf der individuellen Ebene die Auseinandersetzung mit dem eigenen Gewordensein in einer von strukturellen Ausschlüssen gekennzeichneten Gesellschaft mit dem Ziel eines positiven, handlungsstarken Selbstbezuges.
Kollektiv bedeutet Empowerment die Entwicklung und Umsetzung wirkungsvoller politischer Strategien, um positive soziale Bezüge, Netzwerke und geschützte Räume zu schaffen und gemeinsam Strukturveränderungen zu erreichen.