21. Mär 2022 • Allgemein 

Dachverband sächsischer Migrantenorganisationen: Stellungnahme zum Internationalen Tag gegen Rassismus

Pressemitteilung des Dachverbands Sächsischer Migrantenorganisationen vom 21. März 2022

Dresden, 21.03.2022

Am 21. März wird jährlich der internationale Tag gegen Rassismus begangen. Der Dachverband sächsischer Migrantenorganisationen e.V. (DSM) nimmt diesen Tag als Anlass dafür, abermals seine aufgestellten Forderungen zur Bekämpfung von Rassismus zu bekräftigen.
In der vergangenen Woche wurde vor dem Dresdner Landgericht das Schild für den „Marwa El-Sherbini-Park“ enthüllt. Benannt nach Marwa El-Sherbini, einer jungen Frau und Mutter, welche im Juli 2009 als Zeugin in jenem Landgericht gegen einen Mann aussagen sollte, der sie und ihr Kind ein Jahr zuvor auf einem Spielplatz rassistisch beleidigt hatte. Sie wurde im Gerichtssaal von dem Angeklagten ermordet. Das Tatmotiv des Mörders war antimuslimischer Rassismus. Nicht weit vom Landgericht entfernt liegt der Jorge-Gomondai-Platz, wo mit einem Gedenkstein an Jorge Gomondai, einem jungen Mann der im April 1991 an den Folgen eines rassistischen Anschlags in Dresden starb, gedacht wird.
Viele weitere Gedenktage an Opfer rassistischer Gewalt liegen in diesem Jahr noch vor uns. Rassismus ist eine reale Bedrohung, er existiert, er verletzt und er tötet. – In Dresden, in Sachsen und darüber hinaus. Wir verurteilen den Rassismus an der ukrainisch-polnischen Grenze sowie auch den zunehmenden antislawischen Rassismus. Es bleibt dabei: Rassismus geht uns alle etwas an und muss aktiv von allen Seiten bekämpft werden.

In der kürzlich veröffentlichten Jahresstatistik 2021 des Antidiskriminierungsbüros Sachsens wurde aufgezeigt, dass die Diskriminierungskategorie, derer fast die Hälfte aller Fälle im letzten Jahr zu Grund lag, Rassismus war. Für einen wirksamen Diskriminierungsschutz und damit auch für den Schutz vor Rassismus braucht es stabile und wirksame rechtliche Grundlagen. „Mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wurde ein wichtiges rechtliches Instrument zum Schutz vor Diskriminierung geschaffen. Dennoch sind auch die Möglichkeiten dieses Bundesgesetzes begrenzt. Es bestehen hier rechtliche Schutzlücken, die der Freistaat schließen kann und muss, weshalb wir weiterhin die Erarbeitung und Verabschiedung eines Landesantidiskriminierungsgesetzes in Sachsen fordern.“ - so der Vorsitzende des DSM Kanwal Sethi.

Solche Schutzlücken werden besonders auch im Hinblick auf staatliches Handeln sichtbar, denn eben dieses fällt nicht in den Geltungsbereich des AGG. – Doch genau hier liegt das Problem: Rassismus ausgehende von staatlichen Institutionen. Rassismus im Bildungswesen, im Gesundheitswesen, in der Verwaltung, bei der Polizei. In Bezug auf Letzteres sei auf ein kürzlich gefälltes Urteil vom Verwaltungsgericht Dresden hingewiesen, worin ein Fall von Racial Profiling, ausgeübt durch die Bundespolizei, als rechtswidrig verurteilt wurde. Die Vorsitzende des DSM Si Cao betont dazu: „Es ist wichtig, dass rassistische Praktiken wie diese als das offen gelegt werden, was sie sind – rassistisch – und verboten werden. Damit sowohl rassistische Handlungen verhindert als auch rassistische Denkweisen in den Behörden und Ämtern durchbrochen werden, machen wir uns ebenfalls erneut für unsere Forderung nach einer verpflichtend in Aus- und Weiterbildung integrierten Diversity-/Vielfaltskompetenz für alle Landesbeschäftigten stark.“

Rassismus ist sowohl in Strukturen als auch in den Köpfen vieler Menschen fest verankert. An dieser Stelle soll für ein spezielles Thema, für eine besondere Form von Rassismus, sensibilisiert werden: Antimuslimischer Rassismus. Aktuelle Studien zeigen, dass antimuslimische Einstellung bis tief in die Mitte der Gesellschaft hineinreichen. Ende letzten Jahres wurde eine Moschee in Leipzig angegriffen, Anfang dieses Jahres gab es einen Brand an einer Moschee in Chemnitz, wenige Tage später wurde eine Moschee in Halle beschossen. „Rassistische Diskriminierung und rassistische Gewalt gehört zum Alltag vieler Muslim*innen, wobei auch der Aspekt der Mehrfachdiskriminierung und Intersektionalität hierbei nicht außer Acht gelassen werden darf.“ – so der DSM-Vorsitzende Azim Semizoğlu. „Hier braucht es unbedingt gezielte politische Maßnahmen, die dieser Lebensrealität entgegenwirken können.“

Die hier aufgestellten Forderungen zur Bekämpfungen von Rassismus richten sich an alle politischen Verantwortungsträger*innen in Sachsen. – Dennoch bleibt dieser Kampf weiterhin auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deshalb gelten die letzten Worte und der Dank des DSM all jenen Vereinen, Organisationen, Initiativen und einzelnen Menschen, die stetig antirassistische Arbeit in Sachsen leisten und das an jedem einzelnen Tag.